Interview für das Fanzine « Prasses Erben » von Roter Stern Leipzig

Heft Nr. 12 Februar 2002, S. 15

Wie lange treibt sich der Paradiesvogel "Roter Stern" schon auf Altenburger Fußballplätzen rum?

>Am 5.11.2000 trafen sich um 20 Uhr fünfzehn Sportfreunde in der Deep Under Bar, Altenburg, Teichstr. 19, um einen Fußballverein zu gründen. Als Name sollte "Roter Stern Altenburg `00 e.V." beschlossen. Eine Satzung wurde beschlossen und der Vorstand gewählt. In der Spielsaison 2001/2002 wurde der Spielbetrieb in der 3. Kreisklasse aufgenommen. Heimstadion ist der Waldspielplatz in der Zwickauer Str. 70. Bis dato haben wir einen Kader von 26 aktiven Spielern.

Vereine die sich mit dem Roten Stern schmücken,gibt es nicht viele. Warum nennt Ihr Euch nicht Fortuna oder Eintracht, sondern Roter Stern Altenburg?

> Gute Frage. Jeder definiert den Namen "Roter Stern" anders. Der Konsens war gewesen,dass wir uns dem Mainstream entziehen wollten und eine Alternative in der verkrusteten Altenburger Fußballlandschaft setzen wollen. Fortuna und Eintracht sind herkömmliche Namen und unterstreicht nicht den alternativen Charakter des Vereines. Ziel ist natürlich auch den Zusammenhalt in der Szene zu stärken und mit diesem Namen Anlaufpunkt zu sein für das richtige Klientel. Die alternative Szene zu betonen und ein Netzwerk versuchen aufzubauen mit dem Namen Roter Stern. Wir haben mitgezogen, jetzt müssten andere Städte ran. Wäre doch schön,wenn der Name "Roter Stern" in Deutschland in aller Mund ist. Und alternative Leute in den unterschiedlichen Regionen einen Anlaufpunkt haben.

Gab es gar Vorbilder?

> Ja, gab es. Die Frage ist nicht schwierig zu beantworten. Natürlich war das Vorbild der Rote Stern Leipzig. Einige Leute pflegen seit längere Zeit Kontakte untereinander. Man trifft sich bei St.Pauli und Chemie. Momentan seid ihr noch der großer Bruder in Sachen Bekanntheitsgrad,Öffentlichkeitsarbeit und sportliche Situation. Wir versuchen aber irgendwann mitzuhalten. Aber das ist natürlich in einer Kleinstadt schwieriger als in Leipzig mit sehr guter Infrastruktur innerhalb der Szene.

Waren Eure Ambitionen diesen Verein zu gründen ausschließlich sportlicher Natur? Oder seid Ihr auch auf dem politischen/kulturellen Gebiet aktiv?

>Dies sieht natürlich auch jeder anders. Einige versuchen schon latent politischen Einfluß auf die Fußballandschaft zu nehmen. Dies halte ich auch für völlig legitim. Man ist eben immer noch ein politischer Mensch auch wenn man ins Stadion geht und gibt sein Gehirn nicht am Eingang ab. Fußball hat eben etwas mit der Gesellschaftspolitik zu tun - innere Sicherheit oder Vereinspolitik. Ich muß aber für den großen Teil der Spieler und Fans schreiben und die Mehrheit der Leute will mit Politik nicht in Verbindung gebracht werden. Es geht den Leuten einfach nur um sportliche Betätigung und Spaß an der Freud. Auch ist dies natürlich auf offizieller Seite besser, unser Name stößt einigen Leuten schon genug auf. Man muß die Antwort also differenzieren, das Gros der Leute sieht den Verein aber als sportlich und kulturell und weniger als eine politische Plattform. Wir sind politisch alternativ und lassen uns von niemanden vereinnahmen. Jeder ist herzlich eingeladen die Spiele zu besuchen,außer natürlich rechte und konservative Nasen,aber die kommen aufgrund des Names natürlich sowieso nicht.

Aus was für Leuten setzt Ihr Euch zusammen, geht es den meisten hauptsächlich ums Fußball spielen?

>Die Frage kann man schnell mit "ja" beantworten. Einige Leute haben früher als Teenager in anderen Vereinen gespielt und haben sich in Freizeitmannschaften fit gehalten. Jetzt haben wir mit unserem Verein eine Alternative. Die meisten Leute haben eigentlich alle Bock zum Fußball,aber natürlich darf auch der Spaß nach dem Spiel nicht zu kurz kommen. Aus was für Leuten? hm - schwierig. Wir lassen uns in keine Schablone pressen. Sagen wir alternativ, dies ist ein weites Feld. Dies zählt für Fans und Spieler.

Heimspiele beim Roten Stern Leipzig haben zweiwöchentlichen Eventcharakter - es gilt das Motto: Sehen und Gesehen werden. Wie sieht´s bei euch aus? Konntet ihr schon eine treue Anhängerschaft um euch scharen?

> Natürlich kommen wir nicht zahlenmäßig und supportmäßig an Euch ran. Aber dies ist aufgrund der Größe der Stadt und mangels Infrastruktur und kulturellem Angebot kaum möglich. Aber lustig ist es bei uns allemal und das ist die Hauptsache. Für die Größe der Stadt haben wir eine beachtliche Anzahl an Fans und stellen somit die meisten in der Kreisklasse/Kreisliga. Zu den Auswärtsspielen sind im Durchschnitt 50-80 Leute unterwegs. Zu unseren Heimspielen im Durchschnitt 100. Bei dem Spitzenspiel gegen Motor waren 240 Leute anwesend,davon 200 auf unserer Seite. Schals,Aufkleber und Aufnäher haben wir auch schon angefertigt und sind nach einigen Tagen "sold out".

Ich könnte mir vorstellen, dass euer Vereinsname nicht nur positiven Anklang findet, habt Ihr Probleme in dieser Hinsicht? Falls ja, wie zeigt sich das? Wie geht Ihr damit um?

>Das Ordnungsamt war zuerst sehr skeptisch aufgrund des Namens. In den letzten Monaten haben wir uns aber einen guten Ruf erarbeitet, die Zusammenarbeit mit Ordnungsamt und Polizei läuft den Umständen entsprechend recht gut. Der Verein wird in Altenburg akzeptiert und anerkannt. Da sie auch bemerkten,dass von unseren Fans keine Aggressionen ausgehen,sondern einfach nur das Team friedlich supporten wollen. Nach einigen Ärger mit Rositzer und Langleuba -N. Nazis versucht uns das Ordnungsamt kleine Steine in den Weg zu legen. Der Bierausschank wurde auf einmal verboten, dann sollten wir Ordner stellen und seit neustem ist auch bei jedem Spiel die Polizei anwesend. Trotzdem hält sich der Ärger über die Behörden in Grenzen. Bier kann man trotzdem kaufen, wenn auch nicht in Flaschen und 2,3 Ordner sind auch kein Problem. Die Stadt ist natürlich überrascht,dass unser Verein soviel Zulauf hat währenddessen es bei anderen Vereinen bergab geht. Ansonsten ist bis dato alles bestens. Mit Anwohnern gibt es keinen Ärger, ältere Leute schauen neugierig mal zu uns hoch um nebenbei eine Bratwurst zu essen. Und mit Zuschauern und Spielern der anderen Mannschaften läuft auch alles recht harmonisch bis auf die 2 Ausnahmen. Der Name stößt eben bei einigen Dorffaschos übel auf. Aber damit können wir leben.

Wo seht ihr Euch am Ende der Saison? Seid Ihr mit den Sportlich erreichtem zufrieden?

> Zufrieden ist man nie, aber noch besteht die Chance aufzusteigen,wenn wir weiter an unsere Leistungen der letzten Spiele anknüpfen und natürlich eine Menge Glück haben. Das Ziel war eigentlich nächstes Jahr aufzusteigen und diese Saison erst einmal Spielpraxis erlernen. Spaß und Zusammenhalt steht aber im Vordergrund.

Gibt es bei Euch auch Überlegungen der Verein zu erweitern?

> Wie schon geschrieben wir sind nicht Leipzig,sondern nur eine Kleinstadt. Aber Pläne gibt es schon. In naher Zukunft soll eine 2. Mannschaft gegründet werden und eine Tischtennismannschaft,bei der Tischtennismannschaft geht es erstmal um Präsenz als das Ziel aufzusteigen. Wenn dies erledigt ist,schauen wir weiter.

Gebt doch mal einen kurzen Überblick, was in Altenburg so geht, sei es im subkulturellen oder im politischen Bereich?

>Anfang der Neunziger Jahre war die Stadt eher von Nazibirnen bevölkert mit einer kleinen aber standhaften linken Szene. Dieses Blatt hat sich zum Glück seit einigen Jahren massiv geändert, so dass man Nazibirnen kaum noch ausmachen kann und die Gegenseitigen Aktionen im Rahmen bleiben. Seit sich der Rote Stern gegründet hat,werden auch wieder die Birnen aktiv und holen sich Hilfe aus anderen Städten. Das Stadtbild ist jetzt eher geprägt von alternativen Leuten,Skatern,Hip Hopern, Bunthaarigen etc. Die alternative Szene hat mehre Anlaufpunkte. Die Roten Stern Spieler und deren Fans sind im Cafe Deep under the Bar anzutreffen das von Montag bis Freitag offen hat. Hier gibt es billiges Bier und herrscht eine familäre Atmosphäre. mann trifft sich unter der Woche, vor und nach den Heimspielen bzw. Auswärtsspielen.. Das Jugendcafe "Rote Zora" ist eher für den Nachwuchs da. Die Music Hall ist auch über die Grenzen Altenburgs bekannt, hier sind aller 14 Tage Konzerte, die Palette reicht von Ska, Rock über Pop. Außerdem gibt es noch das Kanonenhaus (www.kanonenhaus.de), hier wird alternativer Tekkno/House gespielt, aber auch andere Sachen bis zu gelegentlichen Konzerten. Des Weiteren gibt es noch Anlaufpunkte,Irish Pub und die Villa die aber natürlich auch anderes Publikum anziehen. In anderen Kneipen trifft man sich gelegentlich - es gibt eben keine feste Strukturen. Politisch ist hier alles sehr unorganisiert,bei Bedarf schließt man sich kurzfristig zusammen. Mit Leipzig ist es aber in keinsterweise vergleichbar.

Euch steht ein spannendes Match gegen die 2. Mannschaft des Roten Stern Leipzig bevor. Wird mit oder ohne Libero gespielt? 2 oder 3 Stürmer? Wie ist Euer Tipp?

> Die Taktik wird natürlich nicht verraten. Laßt euch überraschen. Wir werden natürlich 3:1 gewinnen.;-)

Besucht unsere Seite www.rotersternaltenburg.de. Als letztes möchte ich euch einen Termin an´s Herz legen. Bitte kommt zahlreich am 23.3.02 nach Altenburg und unterstützt uns gegen Rositz. Auch diesmal werden wieder massiv Birnen aus dem rechten Lager aus ganz Thüringen/Sachsen anreisen. Treten wir den braunen Scum friedlich entgegen. mit einem anschließenden Exkurs in das Altenburger Nachtleben;-).

Gruß nach Leipzig - Forza Roter Stern altenburger/st.pauli